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Die Sehkraft heißt eigentlich Sehschärfe oder Visus.

Unter diesem Begriff versteht man das Auflösungsvermögen des Auges. Also wie groß z.B. ein Buchstabe sein muss, damit wir ihn erkennen. Die optimale Sehkraft erreichen wir, wenn unser Auge scharfgestellt ist. Bei ca. der Hälfte der Menschen ist das von selbst der Fall, dann ist keine Brille nötig. Ca. 50% der Deutschen benötigen jedoch eine Brille, um die optimale Scharfeinstellung zu erlangen . Zumindest für bestimmte Entfernungen (s.u. Fehlsichtigkeiten).  

Aber auch wenn das Auge optimal scharfgestellt ist (ob mit oder ohne Brille) ist die Sehkraft begrenzt. Buchstaben von z. B. 1 mm Größe können wir in ca. 40 cm meist noch gerade so erkennen. Aber niemand kann einen 1 mm Buchstaben auf der Kirchturmspitze erkennen. Unser Auflösungsvermögen (Sehkraft) ist nun einmal begrenzt. Die Maßzahl der Sehkraft wird oft als Prozentzahl angegeben. Der Durchschnittsmensch startet mit eine Sehkraft von ca. 100% ins Leben. Weitere Schreibweisen sind: 1,0 oder 20/20. Die Sehschärfe ist individuell verschieden und liegt mit optimaler Brille beim gesunden Auge meist zwischen 160 % (1,6) und 70% (0,7).  

Den Führerscheinsehtest besteht man noch mit einer Sehkraft von 70% meist problemlos. Die Sehkraft kann durch zwei Faktoren herabgesetzt sein:  

  1. Das Auge ist nicht optimal scharfgestellt. Das kann durch eine optimale Brille ausgeglichen werden. (s. Fehlsichtigkeiten)
  2. Es liegt eine angeborene oder erlittene Augenkrankheit vor.

Machen Sie also regelmäßig
einen Sehtest bei Ihrem Optiker.  

Falls dort Ihre Sehkraft nicht durch eine Brille wieder voll herzustellen ist, müssen Sie sich vom Augenarzt untersuchen lassen. Nehmen Sie zusätzlich Vorsorgeuntersuchungen beim Augenarzt war. Kinder bis 14 Jahren sollten auch den Sehtest direkt beim Augenarzt vornehmen lassen. Eine Vorsorgeuntersuchung bei Kindern wird z.T. im Rahmen der „U-Untersuchungen“ beim Kinderarzt vorgenommen. Da sich das Kinder-Auge nur optimal entwickeln kann, wenn keine Fehlsichtigkeit vorliegt, sollten Sie ihren Arzt gezielt nach einem Sehtest bei Ihrem Kind fragen. 

Fehlsichtigkeiten:

Fall 1: Die Kurzsichtigkeit (Myopie)



Die Kurzsichtigkeit ist leicht zu beschreiben.

Der Name sagt eigentlich schon alles: kurz (d.h. im Nahbereich) kann man gut sehen. Weiter entfernte Gegenstände erscheinen verschwommen. Das entsprechende konkave Brillenglas gleicht das wieder aus.

Die Maßzahl des Brillenglases ist bei der Kurzsichtigkeit negativ. z.B. -3,25 dpt. Der Kehrwert dieser Zahl gibt die Entfernung in Metern [m] an, ab der man ohne Brille nicht mehr scharf sehen kann.

In unserem Beispiel also 1:3,25 = 0,307 m. Etwa 30 cm vom Auge entfernt beginnt in diesem Beispiel also der unklare Bereich. Eine Kurzsichtigkeit kann man (wie alle anderen Fehlsichtigkeiten auch) durch das Zusammenkneifen der Augen kurzfristig ausgleichen.

Von diesem Zusammenkneifen kommt der griechische Name Myopie. Warum ist man kurzsichtig? Auch darauf gibt es eine einfache Antwort: Das Auge ist im Verhältnis zu seiner Brechkraft zu lang.

Die scharfe Abbildung weit entfernter Dinge entsteht nicht auf dem Augenhintergrund (Netzhaut) sondern davor.

Daher nehmen Kurzsichtigkeiten in der Wachstumsphase des Menschen oft zu. Vielfach steigen Kurzsichtigkeiten bis zum ca. 30. Lebensjahr an und bleiben dann lange konstant. Leider ist das nicht immer so.

Fall 2: Die Presbyopie („Alters-Weitsichtigkeit“)

Die Weitsichtigkeit ist zwar vom Wort her das Gegenteil der Kurzsichtigkeit, ist jedoch nicht so leicht zu erklären. Ihre Auswirkungen sind nämlich nicht das Gegenteil der Kurzsichtigkeit. Daher sparen wir uns die Weitsichtigkeit für den Fall 3 auf!

Und kommen jetzt zur Presbyopie, auch unter dem uncharmanten Begriff „Alters-Weitsichtigkeit“ bekannt. Diese „Fehlsichtigkeit“ ereilt jeden Menschen und ist daher ganz normal! Der Ausdruck „Fehlsichtigkeit“ ist hier also besonders fehl am Platze. Die Auswirkungen sind das genaue Gegenteil wie bei der Kurzsichtigkeit. Alles, was weiter weg ist, erscheint deutlich. Je näher ein Gegenstand ist, um so undeutlicher wird er. Der “Nicht-Brillenträger” bemerkt die Auswirkungen der Presbyopie mit durchschnittlich 45 Jahren. Zunächst reicht es aus, das Handy weiter weg zu halten, dann werden die Arme zu kurz und es heißt: "Hilfe ich kann nicht mehr Lesen."

Woran liegt es aber, dass man mit zunehmendem Alter nicht mehr ohne Brille lesen kann?

Die Augenlinse des Menschen ist bei der Geburt hoch flexibel. Man kann die Brechkraft des Auges durch diese Flexibilität anheben. Beim Blick in die Nähe wird (wie beim Autofokus einer Fotokamera) automatisch die nötige Naheinstellung vorgenommen. Leider nimmt diese Flexibilität ab, ein schleichender “Umbau-Prozess”, der bereits im Kindesalter beginnt. Mit 15 Jahren kann man beim Küssen noch problemlos in die Augen des Partners schauen. Mit 30 Jahren erscheint das gegenüber aus dieser extrem nahen Entfernung bereits unscharf. Mit ca. 45 Jahren ist die Einstellmöglichkeit dann auf ca. 40 cm Entfernung begrenzt. 40 cm ist eine Entfernung, in der wir gerne Lesen und Arbeiten, daher setzen die Schwierigkeiten beim „Nicht-Brillenträger“ in diesem Alter ein. Hilfe bietet Ihr Optiker. Lesebrillen oder die Nahwirkung der Gleitsichtbrillen (Mehrstärkenbrillen) haben meist eine „plus Wirkung“ z.B. +3,25 dpt. Blickt man durch diese für die Nähe vorgesehene Stärke versehentlich in die Ferne, sieht man verschwommen. In unserem Beispiel ist alles ab 1:3,25 = 0,307 m also ca. ab 30 cm Entfernung verschwommen. Bei Kurzsichtigen (Fall 1) ist es so, dass man mit der bisherigen Brille nicht mehr Lesen kann und die Brille absetzen muss um deutlich nah zu sehen. Abhilfe schafft da eine neue Brille von Ihrem Optiker, z.B. eine Gleitsichtbrille. Wie es bei Weitsichtigen aussieht erfahren Sie unter Fall 3.


Fall 3: Die Weitsichtigkeit (Hyperopie)


Die Weitsichtigkeit ist nicht das Gegenteil der Kurzsichtigkeit, daher wurde sie in Übersichtigkeit umgetauft.

Der Übersichtige ist in jungen Jahren meist in der Lage, die Fehlsichtigkeit auszugleichen und sieht je nach Stärke in allen Entfernungen deutlich. Super! Also braucht man keine Brille?! Vorsicht! Vor allem bei Kindern ist das ein gefährlicher Trugschluss!!! Wer übersichtig ist, nutzt bereits beim Blick in die Ferne die Flexibilität der Linse zum Weitsehen. Die Natur hat diese Flexibilität aber zum Nahsehen gedacht. Es wäre OK, diese Möglichkeit zum Weitsehen zu nutzen, wenn wir nur ein Auge hätten. Da wir aber zwei Augen besitzen, bringt der Blick in die Nähe auch eine Einschwenkbewegung mit sich. D.h. wer Übersichtig ist, schielt oft (ohne Brille) leicht nach innen. Das würde zu Doppelbildern führen. Das eine Auge wird dann oft kurzer Hand "abgeschaltet", damit man nicht doppelt sieht. Bei Kindern kann das zu einer unwiederbringlichen Sehschwäche auf einem Auge führen. Also doch unbedingt immer die Brille tragen !!! Wer erst als Erwachsener übersichtig wird, kann unter Kopf- und Augenschmerzen leiden. Die Probleme beim Lesen (Fall 2) können früher beginnen, also nicht erst mit 45 Jahren. Viele leichte Übersichtigkeiten werden daher erst im Zusammenhang mit einer Presbyopie (Leseprobleme) im Alter zwischen 30 und 45 Jahren erkannt.

Warum ist man übersichtig?

Der Grund ist dann doch wieder das Gegenteil der Kurzsichtigkeit. Das Auge ist im Verhältnis zu seiner Brechkraft zu kurz. Im Wachstum nehmen Übersichtigkeiten daher eher ab. Die Maßzahl des entsprechenden Brillenglases ist eine positive Zahl. z.B. +3,25 dpt.

 

Fall 4: „Hornhautverkrümmung“ Astigmatismus


Das hört sich jetzt aber wirklich nach Augenkrankheit an. Ist aber auch nur eine kleine Abweichung von der Norm. Fast kein Auge ist kugelrund. Stellen wir uns das Auge als Ball vor. Nur in diesem seltenen Fall hat man keine Hornhautverkrümmung. Setzt man sich auf diesen Ball wird aus der Kugel ein Ellipsoid („ein Ei“). Die Krümmung ist jetzt nicht in allen Richtungen gleich, damit auch nicht die Brechkraft des Auges. Die Brillenwerte sehen dann nicht mehr so einfach aus wie in den Beispielen s.o. +3,25 dpt oder - 3,25 dpt. Es kommt ein weiterer Wert hinzu, der beschreibt wie stark das Auge abgeflacht ist. Ein solche Wert sieht z.B. so aus:

sph: - 3,25 cyl: -1,0 A 75 °


Der Grad der Kurzsichtigkeit in diesem Beispiel beträgt durchschnittlich:   -3,75 dpt.

Der Grad der Hornhautverkrümmung wird durch den Zylinder (cyl oder zyl) angegeben (im Beispiel cyl -1,0 dpt) . Die Abweichung des Auges von der Kugelform, erzeugt hier also 2 verschieden starke Kurzsichtigkeiten. Zum einen -3,25 dpt zum andern (sph+cyl) -4,25 dpt. Die dritte Zahl ( A 75° ) gibt die Drehrichtung an, in der das Auge (bzw. die Hornhaut) leicht abgeflachte ist.

Die gefährlich klingende Hornhautverkrümmung ist also eine ganz harmlose Sache, die man ohne Probleme mit der richtigen Brille ausgleichen kann. Trägt man nicht die richtige Brille, sieht man unscharf (in allen Entfernungen). Zusätzlich werden z.B. Kreise auf dem Augenhintergrund als Ellipsen abgebildet. Der Seheindruck ist also, je nach Grad der Hornhautverkrümmung, verzerrt. Leichte Verzerrungen werden vom Gehirn ausgeglichen, bei höheren Hornhautverkrümmungen macht sich dieser Faktor jedoch zusätzlich störend bemerkbar.